Mit der richtigen Strategie und dem passenden Rezept
Als Leiterin Kommunikation des Kantons St.Gallen und Verfasserin der Social-Media-Strategie musste sich Hildegard Jutz vor gut drei Jahren Gedanken machen, ob und wie der Kanton auf die sozialen Medien setzen soll. Dank der Niederschweligkeit springen lawinenartig immer mehr Nutzerinnen und Nutzer auf diese Plattformen auf und geniessen es, einfach und schnell zu einem Teil einer Community zu werden. Gedanken und Anliegen werden direkt und ohne formale Barrieren platziert und geteilt. Diese neue Art der Interaktion ist heute (fast) eine Selbstverständlichkeit, und die Präsenz des Kantons auf Facebook, Twitter & Co. wurde (fast) unumgänglich.
Wozu braucht es eine Social-Media-Strategie? Posten ist doch kinderleicht?
Hildegard Jutz: Ohne strategische Ausrichtung wären unsere Veröffentlichungen willkürlich und würden schnell aus dem Ruder laufen. Nicht alle Inhalte der kantonalen Verwaltung eigenen sich für die Verbreitung auf Social Media. Deswegen kann man nicht einfach drauflos posten. Jede Community ist ein zerbrechliches Konstrukt und reagiert auf irrelevante oder uninteressante Inhalte sensibel. Die sorgfältige Filterung und ein permanenter Austausch im Team „Kommunikation“ in der Staatskanzlei sorgen dafür, dass nur Inhalte in den kantonalen Kanäle publiziert werden, die entweder einen direkten Nutzen für die User oder starke räumliche und zeitliche Relevanz haben. Zur Strategie gehört auch, die Zielgruppen des Kantons zu kennen und konkret mit diesen zu interagieren.
Worauf achtet Ihr Team bei der Auswahl von Inhalten?
H.J: Wichtig ist zu verstehen, dass wir für Social Media die Kommunikation nicht neu erfinden. Wir bereiten die Inhalte aber zielgruppenspezifisch auf. Früher waren die Medien die fast exklusive Zielgruppe unserer Öffentlichkeitsarbeit, denn diese verarbeiten und veröffentlichen (nach Gutdünken) unsere Medienmitteilungen. Nach wie vor haben Zeitungen, Radio und Fernsehen grossen Stellenwert für die Kommunikation des Kantons, aber sie haben kein Monopol mehr. Dank Internet und Social Media kann der Kanton heute auch direkt kommunizieren. Die grosse Neuerung, die Social Media brachte, ist die Interaktion. Informationen posten reicht nicht. Man muss mit den Likern und Followern auch darüber diskutieren wollen.
Nach einer Testphase hat die Regierung die Strategie definitiv beschlossen. Wird Social Media nun zur Routine?
H.J: Social Media wird nie zur Routine. Genauso wenig wie Kommunikation per se zur Routine werden kann. Informationsverbreitung, egal an welchen Adressaten oder über welchen Kanal, ist stark vom Inhalt und der aktuellen Situation abhängig. Selbst wenn man zweimal die gleiche Botschaft überbringen müsste, so hätte sich dennoch der Kontext verändert. Genauso verhält es sich in den sozialen Medien. Kommunizieren heisst immer auch reagieren.
Ist die Social-Media-Strategie für eine laufende Weiterentwicklung geeignet?
H.J: Sie ist nicht nur dafür geeignet, sie ist darauf ausgelegt. Wir wissen beispielsweise nicht, wie lange wir auf die aktuellen Netzwerke bauen können, wann der nächste technische oder modische Entwicklungsschub kommt. Soziale Netzwerke funktionieren nur mit einer soliden Community. Sollten unsere Zielgruppen auf andere Plattformen wechseln, müssen und werden wir ihnen folgen. Im Moment ist keine Neuausrichtung angesagt, wir halten aber die Augen offen und beobachten genau, was sich auf anderen Netzwerken wie Instagram, Pinterest und Google+ tut.
Interview: Raouf Selmi