Das Somedia-Haus Anfang des Jahres 2016
Das neugebaute Medienhaus der Somedia in Chur fast die bisher im ganzen Kanton verstreuten Medienunternehmen der Somedia-Gruppe unter einem Dach zusammen. Die Idee, die einzelnen Medien an einem Ort zu bündeln, basiert auf dem Paradigmenwechsel innerhalb der Medienbranche. Durch die Nähe der einzelnen Medien, die sowohl aus dem Print‑, Rundfunk‑, TV- und Online-Bereich stammen, verspricht sich die Geschäftsleitung künftig mehr Effizienz in der Produktion medialer Inhalte und strebt innerhalb der Schweizer-Branche eine Vorreiterrolle in der konvergenten Arbeitsweise an.
Die Somedia, mit Sitz in Chur produziert und vertreibt im Kanton Graubünden seit Jahren erfolgreich Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Zeitschriften, Bücher, Online, Radio- und TV-Produktionen. Trotz anhaltendem Erfolg und einer soliden Verankerung in der Bündner Gesellschaft kämpft das Medienunternehmen seit der Jahrtausendwende mit dem schnellen Wandel der Medienbranche. Konfrontiert mit neuen technischen Möglichkeiten Inhalte zu produzieren und zu vertreiben, und der rasant fortschreitenden Digitalisierung im Vertrieb selbiger, herrschte laut CEO Silvio Lebrument, die ersten paar Jahre allgemeine Ratlosigkeit.
Mit dem technischen Fortschritt veränderte sich langsam auch das Konsumverhalten der Rezipienten und die lineare Berichterstattung verlor durchs Internet und dem Web 2.0 zunehmend an Bedeutung. Das grösste Problem, so Lebrument, waren die Inhalte, die immer schneller alt wurden. Durch den Siegeszug der Smartphones in den Anfängen der 2010-Jahre, gesellten sich zu den bereits vorhanden Problemen Herausforderungen in der Aufbereitung der Inhalte. Konsumentinnen und Konsumenten waren nicht länger ortsgebunden. Inhalte konnten plötzlich von überall her abgerufen werden und soziale Netzwerke trugen Neuigkeiten in Windeseile um den Globus. Die Medienunternehmen, und so auch die Somedia, passten sich dem neuen Konsumverhalten zwar laufend an, mussten sich mit dem zunehmenden Tempo des Wandels aber eingestehen, dass die Firmenstrukturen für ein Fortbestehen des Medienhauses überdacht und angepasst werden müssen.
Der Bau eines neuen Firmensitzes war bereits seit Jahren geplant
So kam es nach einer lang anhaltenden Expansionspolitik in der ganzen Branche wieder zu einem zusammenrücken. Ein Neubau, so Lebrument, erschien uns nur logisch. Anders wäre es nicht möglich gewesen, die Konvergenz nach unseren Vorstellungen umzusetzen. Bezogen wurde der moderne Betonbau an der Churer Autobahnausfahrt-Süd im Frühjahr 2015. Etappenweise zogen Tageszeitungen, Zeitschriften, Verkauf und Verwaltung ein. Als letzte Akteure fanden das Radio und Fernsehen, welche teilweise für die neue Umgebung komplett neu konzipiert werden mussten, ihren Platz im Jumbo-Bau. Danach vollendete man mit einem Relaunch der Tageszeitung und eines medienübergreifenden Internetauftritts konsequent das neue Konzept. 950 Mitarbeiter zählt das Unternehmen heute, Tendenz steigend. Das Gebäude entspricht, laut Lebrument, modernsten architektonischen Massstäben und wurde von Beginn an für die Bedürfnisse konvergenter Arbeitsweisen konzipiert. In den Grossraumbüros sind die Übergänge zu den einzelnen Medien fliessend. Einzig kleine, von der Decke herabhängende Schilder informieren über den jeweiligen Aufenthaltsort. Im ganzen Betrieb gibt es nur sieben einzelne Büros, welche fast ausschliesslich in der Verwaltung zu finden sind. Die offene Kultur soll die Firmenpolitik unterstreichen und räumliche Barrieren zu Gunsten des Endproduktes von Anfang an vermeiden, erklärt Lebrument. Vier Kompetenz-Bereiche (News, Education, Verwaltung und Verkauf) verteilt auf drei Stockwerke bilden die Basis des Betriebes. Ein Grosser Newsdesk im Herzen der ersten Etage des Grossraumbüros dient mehrmals täglich als Dreh- und Wendepunkt der einzelnen Medien-Abteilungen und sichert den intermedialen Austausch. Dem Unternehmen geht es heute gut. Es kämpft zwar, so wie die restliche Branche auch, mit dem üblichen Rückgang an Abonnenten im Printsektor, tüftelt aber gleichzeitig an neuen Inhalten und Vertriebswegen. Die Entwicklung neuer Inhalte und Formate, so Lebrumet, hat in den letzten Jahren einen enormen Stellenwert eingenommen.
Stetiger Wandel ohne Ende
Auf dem Erfolgs-Konzept möchte man sich nicht ausruhen. Die Branche sei im ständigen Wandel und die fortschreitende Digitalisierung schaffe in allen Bereichen neue Herausforderung, sagt Lebrument. So wolle man z.B. durch die Entwicklung neuer Fernsehformate, das eigene — und im Moment noch kleinste — Privatfernsehen der Schweiz, weiter vorantreiben. Das vollkommen virtuell gehaltene Fernseh-Studio mit Green-Screen soll die Möglichkeit bieten, Spezialformate, wie Talks oder Podien zu speziellen Anlässen oder Themen zu produzieren.
Auch in Sachen Bildung versuche man ständig à jour zu bleiben. So überlässt der Bündner Medienriese dem ortsansässigen Institut für Multimedia Production (IMP) der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Räumlichkeiten für Forschung und Studium und sichert sich so wertvolle Ressourcen für die Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens. Das Churer-Model, das von der HTW bereits seit Jahren in allen Instituten erfolgreich umgesetzt wird, ist für den Medienmogul zudem ein Garant für hochqualifizierten Nachwuchs in unmittelbarer Nähe. Besonders im Bereich der audiovisuellen Medien sei es bis anhin schwer gewesen, in Graubünden Nachwuchs zu finden. Mit der Unterstützung der HTW, die im Studiengang Multimedia Production angehende Medienprofis ausbildet, habe man zumindest aus personeller Sicht die Situation etwas entschärfen können.
Das bewährte Churer-Model
Christian Stärkle, Professor und Dozent am IMP bildet seit fast sieben Jahren junge Menschen zu Medienprofis aus. Sein Fachgebiet, das Radio, vermittelt er den Studenten mit viel Elan und Herzblut. Zu seinen Unterricht gehört nebst dem Studium des Schweizer Medienrechts auch die Vermittlung von Radio- und Musikgeschichte. Wer sich nach dem Grundstudium (Assessment) zum Multimediaproduzenten für die Vertiefung Radio entscheidet, kriegt von Stärkle zusätzlich das Rüstzeug für einen angehenden Radiojournalisten mit auf den Weg. Dazu gehören z.B. das korrekte Strukturieren von Nachrichten und die Produktion komplexer Radiosendungen. Nebst der Vertiefung Radio bietet die HTW in ihrem Studiengang Multimedia Production auch die Vertiefung Corporate Communication, Event, Web und Fernsehen an.
In den modernen Schulungsräumen, die im Erdgeschoss des Somedia-Medienhauses liegen, finden sich nebst zahlreichen Schulungsräumen auch komplett eingerichtete Radio- und Fernsehstudios. Die Vermittlung von Fachwissen funktioniert im Churer-Model nahe an der Praxis. So produzieren die Studenten bereits während ihrer Ausbildung multimediale Inhalte, die auf einer eigens für die Studenten geschaffen Plattform (www.digezz.ch) veröffentlich werden. Sehr gute Arbeiten haben es auch schon geschafft über die Sender der Somedia-Kanäle zu strahlen, erklärt Lebrument. Er schätzt das Churer Model und zeigt sich immer wieder verblüfft, wie viel Kreativität und Erfindergeist in der Arbeit der Studenten zu finden ist. Dank dem Churer-Model finden viele Studienabgänger der HTW bereits nach kurzer Zeit eine Anstellung im Arbeitsmarkt. Das während dem Studium produzierte Material, ist dabei oft fester Bestandteil des Bewerbungsdossiers.
Quelle Bild: Südostschweiz