Medikamentenrückstände bleiben im Wasser und
verursachen Mikroverunreinigungen © Raouf Selmi
Zahlreiche Mikroverunreinigungen aus Industrie- und Haushaltchemikalien fliessen in die Abwasserreinigungsanlagen (ARA). Dort werden sie nur schlecht oder gar nicht abgebaut und gelangen in die Gewässer. Dadurch können Gewässerlebewesen geschädigt werden. Im Kanton St.Gallen werden darum in den nächsten Jahren mehrere ARA mit zusätzlichen Behandlungsstufen ausgerüstet.
Seit dem 1. Januar 2016 schreibt die eidgenössische Gewässerschutzgesetzgebung für bestimmte ARA einen minimalen Reinigungseffekt für Mikroverunreinigungen vor. In der Schweiz sind rund 120, im Kanton St.Gallen aktuell acht Anlagen von der neuen Vorschrift betroffen. Diese Anlagen werden mit zusätzlichen Behandlungsstufen ausgerüstet, um Mikroverunreinigungen zu beseitigen. Damit soll der Eintrag von Mikroverunreinigungen in die Gewässer verringert werden.
Welche Anlagen werden ausgebaut?
Die Gewässerschutzverordnung legt fest, welche ARA aufgerüstet werden müssen. Dazu gehören zum einen ARA mit mehr als 80‘000 angeschlossenen Einwohnerinnen und Einwohnern oder ARA im Einzugsgebiet von Seen mit mehr als 24‘000 angeschlossenen Einwohnerinnen und Einwohnern. Zum anderen sind ARA an Gewässern mit einem Abwasseranteil von mehr als zehn Prozent betroffen. Bei dieser Kategorie muss der Kanton in einer Planung über das Einzugsgebiet festlegen, welche ARA aufzurüsten sind.
Situation im Kanton St.Gallen
Im Kanton St.Gallen müssen aufgrund der heutigen Kriterien acht ARA ausgebaut werden. Es sind dies die ARA Altenrhein in Thal, Rosenbergsau in Au, Rapperswil-Jona, Wil, Oberglatt in Flawil, St.Gallen-Au, St.Gallen-Hofen in Wittenbach und Morgental in Steinach. Die ARA St.Gallen-Hofen und Morgental planen eine gemeinsame Behandlungsstufe auf dem Areal der ARA Morgental, was schweizweit bisher einzigartig ist. In der Region Wil-Uzwil sind Abklärungen zur Zusammenlegung der ARA im Gang.
Die ARA Buchs und die ARA Obersee in Schmerikon liegen beide im Einzugsgebiet eines Sees. An beide ARA sind heute noch nicht 24‘000 Personen angeschlossen. Diese Schwelle wird voraussichtlich im Laufe der nächsten Jahre überschritten. Für die ARA Buchs sind deshalb Massnahmen geplant. Die ARA Obersee hingegen wurde kürzlich ausgebaut. Eine Reinigungsstufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen wird zu einem späteren Zeitpunkt aktuell. Die Frist für den Ausbau der ARA dauert bis zum Jahr 2035.
Erste Nachrüstungen bis 2021
Die meisten betroffenen ARA haben mit den Planungsarbeiten für den Ausbau bereits begonnen. Bis zum Jahr 2021 sollen vier Anlagen über eine Stufe zur Elimination von Mikroverunreinigungen verfügen. Der Ausbau aller Anlagen im Kanton St.Gallen wird Investitionen von rund 100 bis 120 Millionen Franken auslösen. 75 Prozent davon finanziert der Bund über eine Abgabe von neun Franken je angeschlossenem Einwohner.
Mikroverunreinigungen – woher und wohin?
Mikroverunreinigungen, organische Spurenstoffe, kommen in sehr tiefen Konzentrationen in den Gewässern vor (Milliardstel- bis Millionstel-Gramm pro Liter). Einige von ihnen können bereits in diesen tiefen Konzentrationen Wasserlebewesen schaden. Zu den Mikroverunreinigungen gehören Rückstände von Medikamenten, Inhaltsstoffe in Reinigungs- und Desinfektionsmitteln, Körperpflegeprodukten oder Industriechemikalien sowie Pestizide gegen unerwünschte Pflanzen, Insekten oder Pilze. Viele Mikroverunreinigungen gelangen mit dem Abwasser aus privaten Haushalten und aus der Industrie zur ARA und werden dort schlecht oder gar nicht abgebaut oder zurückgehalten. Wirkstoffe in Medikamenten werden mit dem Urin wieder ausgeschieden und gelangen ebenfalls ins Abwasser. Im Obst- oder Ackerbau eingesetzte Pestizide können durch Abdrift oder bei Regenwetter direkt in die Gewässer gelangen.
Weltwassertag am 22. März 2016: Wasser und Arbeitsplätze
Am 22. März findet seit 1993 der UN-Weltwassertag statt. Dieses Jahr steht er unter dem Motto „Wasser und Arbeitsplätze“. In den 42 St.Galler ARA arbeiten rund 150 Personen. Für den Ausbau der St.Galler ARA zur Elimination von Mikroverunreinigungen sind Investitionen von über 100 Millionen Franken geplant. Dies entspricht während der Dauer von 20 Jahren über 500 Jahresvollzeitstellen. Damit werden vor allem Arbeitsplätze in der Region geschaffen.