Mit Hilfe von Job-Sharing meistern Nadja Nussbaum und Nadja Schlauri den Spagat zwischen Familie und Karriere. In der Staatskanzlei teilen sie sich seit drei Jahren ein 80% Pensum im Sekretariat.
“Es kommt öfters vor, dass wir verwechselt werden. Das liegt aber am Namen,” sagt Nadja Nussbaum. “Für unsere Kollegen hingegen ist es praktisch, eine Nadja ist immer da,” schmunzelt Nadja Schlauri.
Die beiden Mütter arbeiten im Sekretariat der Staatskanzlei seit drei Jahren im Job-Sharing-Modell und teilen sich eine 80% Pensum zu gleichen Teilen. Nadja N. ist montags und dienstags im Haus, Nadja S. mittwochs und donnerstags. Sofern etwas nicht bis am Montag warten kann, übernehmen am Freitag Kollegen anfallende Aufgaben. “Das bedingt natürlich absolute Transparenz,” sagt Nadja S. “Jeder von uns muss genau wissen, wo und mit was der andere beschäftig ist oder war.” Für die lückenlose Dokumentation der Arbeit gehören Kalendereinträge, Check- und Pendenzenlisten sowie der ständige Gebrauch der CC-Funktion im Mail. Die Stelle, die sich die Beiden heute teilen, wurde zuvor von nur einer Person abgedeckt, deshalb mussten sie die meisten Arbeitsabläufe ihrer Situation entsprechend anpassen. Zum Teil wurden sogar ganze Workflows neu entwickelt.
Die Arbeit der Beiden umfasst eine grosse Spannweite. Sie unterstützen die Geschäftsführer der ständigen Kommissionen, leisten administrative Arbeit für die Abteilung Rechtspflege und Aussenbeziehungen, erledigen Pendenzen für die Redaktionskommission und die vorberatende Kommission und helfen bei Wahlgeschäften und im Ratsinformationsdienst.
Eingespieltes Team
Die Frauen hatten zuvor schon zusammen gearbeitet. Als ehemalige Stellvertreterin von Nadja S. war und ist Nadja N. bestens mit den Fähigkeiten und dem Wesen ihrer Mitstreiterin vertraut: “Ich denke das ist eine wesentliche Voraussetzung, dass wir das überhaupt so gut meistern,” sagt Nadja N. Als die Beiden vor rund vier Jahren fast zeitgleich zur Familienplanung schritten, musste sich auch die Staatskanzlei über die personelle Zukunft im Sekretariat Gedanken machen. Chefsekretärin und Stellvertreterin gleichzeitig zu verlieren, hätte Auswirkungen im ganzen Departement gehabt. Zudem hatten die Beiden zu diesem Zeitpunkt bereits über 25 Jahre Erfahrung in Petto. Die Stelle als Leiterin konnte Nadja S. in einem Teilzeitpensum nicht mehr bewältigen. Die Führungsposition verlangte und verlangt noch vollen Einsatz: “Man muss flexibel sein, einspringen können und auch mal einen Sonderdienst leisten. Das gehört einfach dazu,” so die achtunddreissigjährige. Auch die Stelle als Stellvertreterin verlangt ein hohes Engagement und kann kaum mit einem kleinen Teilzeitpensum geschafft werden.
Wie es der Zufall wollte, wurde zur gleichen Zeit eine Assistenzstelle im Sekretariat frei und das zu besetzende Pensum wurde, nach Absprache mit dem Personalamt und dem Staatssekretär, auf die beiden werdenden Mütter aufgeteilt. Die Stelle der Leiterin wurde neu ausgeschrieben und die der Stellvertretung neu besetzt. Eine Win-Win-Situation für alle. Trotzdem hätte sich Nadja S., verheiratet und heute Mutter von zwei Kindern, zuvor nie träumen lassen, dass sie sich je eine Stelle mit jemand teilen würde. Bereits mit 24 Jahren wurde sie Leiterin des Sekretariats in der Staatskanzlei. Die Ausbildung absolvierte sie zuvor beim Bildungsdepartement: “Ich war mittendrin, wurde ständig gefordert und gefördert und Ich wollte Karriere machen. Familie und Kinder waren noch so weit weg. Deshalb gab es damals für mich keinen Grund, mir darüber den Kopf zu zerbrechen,” so Nadja S.
Auch für Nadja N. war eine Teilzeitstelle bis zu ihrer Schwangerschaft kein Thema: “Ich arbeite nun seit 15 Jahren in der Staatskanzlei und es ist meine erste Stelle im Öffentlichen Dienst,” so die sechsunddreissigjährige, “Hätte es mit dem Job-Sharing nicht geklappt, hätte ich wieder von vorne beginnen müssen.”
Job-Sharing wird immer beliebter
Job-Sharing als Teilzeitmodell erfreut sich immer grösserer Beliebtheit, wie eine Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz belegt. Das Angebot für Job-Sharing hat sich in den letzten Jahren praktisch verdoppelt und vor allem in öffentlichen Institutionen ist dieses Teilzeit-Modell sehr beliebt.
46% der Teilzeitbeschäftigten im öffentlichen Dienst arbeiten im Job-Sharing oder ähnlichen Modellen.
Nächstes Jahr steht Nadja S. bereits 20 Jahre im Dienste der Öffentlichkeit und der Job macht ihr immer noch Spass: “Es ist ein tolles Gefühl auch jetzt noch intellektuell gefordert zu werden. Ich geniesse es meine Fähigkeiten, die ich einst erworben habe, weiterhin gebrauchen zu können und sich, und wenn auch nur für kurze Zeit, aus der Mami-Rolle befreien zu können.” Trotzdem fühle sich der Job manchmal wie eine Wochenendbeziehung an. “Das liegt daran dass man zwar genau weiss was läuft aber trotzdem nicht immer dabei war,” so die zweifache Mutter. Und genau darin liege der Nachteil von Job-Sharing. Die Individualität bleibe Grössenteil auf der Strecke und auch Trophäen und Erfolge müsse man teilen können. Genau wie Misserfolge und Niederlagen: “Selbst, wenn man den ‘Bock’ nicht selber geschossen hat,” sagt Nadja S. Die Vorteile überwögen jedoch, zum Beispiel könne man sich gezielt unterstützen und einander in die Hände spielen: “Es fühlt sich manchmal an als wäre ein Heinzelmännchen da gewesen, wenn man nach einer Woche wieder ins Büro kommt,” sagt Nadja N.
Auch für den Arbeitgeber ergeben sich viele Vorteile, sagt Nadja S. Wenn zum Beispiel durch Krankheit oder Unfall jemand fehle, ziehe das nicht gleich einen Totalausfall nach sich: “Es fallen lediglich 40 der 80% weg.”
Auch ausserhalb des Büros pflegen die Beiden eine gute Freundschaft, treffen sich mit den Kindern zum Kaffee und tauschen sich aus: “Zu Beginn unserer Treffen steht meistens noch das Geschäftliche im Vordergrund.” sagt Nadja Schlauri “Schnell finde man aber anderen Gesprächsstoff.”
Job-Sharing, so sind sich die Beiden einig, sei die ideale Lösung, trotz Familie beruflich am Ball zu bleiben: “Und wenn man dann auch noch gut miteinander auskommt, bedeutet es ein gosses Stück Lebensqualität,” so Nadja Nussbaum, die mittlerweilen ihr zweites Kind erwartet.